Meine Tochter und ich haben gerade wundervolle Tage in Prag verbracht. Erstaunlich, wie gut es ging, dass wir viel Zeit zu zweit verbracht haben und intensive Gespräche geführt haben. Und wie stolz ich bin, dass sie eine deutliche Haltung zeigt, sich zu positionieren weiß und Argumente und Fakten zur Verfügung stellt, die ein Gespräch mit ihr sehr spannend und „erwachsen“ machen.
So beobachteten wir auf dem alten jüdischen Friedhof in Prag, wie etlichen Schülergruppen, die von ihren Lehrern begleitet wurden, die Schrecken der Nazizeit und jüdische Rituale nahe gebracht wurden. In einer aus Deutschland verhielten sich zunächst einige der 12-15 Jährigen so, wie sie sich halt in dem Alter benehmen: laut, kichernd, aber dem Ort überhaupt nicht angemessen. (In Berlin ist das am Holocaustdenkmal täglich zu sehen, wenn einige Jugendliche dort von Stele zu Stele springen oder Selfies mit Duckface machen). Dann aber übernahm eine tschechische Führerin sehr einfühlsam die Regie und die Schüler lauschten ihren Ausführungen sehr genau, betrachteten ruhig und sichtlich bewegt die unzähligen Namen der Opfer und sprachen über das oft sehr junge Alter der Ermordeten. Die meisten von den Jungs behielten auch die Kippa aus Papier auf dem Kopf, obwohl sie offensichtlich um ihre Coolness fürchteten. Vielleicht nehmen sie das hier Gesehene mit und behalten es viel mehr als es Geschichts- und Ethikunterricht allein vermitteln können.
Wir sprachen sehr ausführlich darüber, wie wichtig es ist, die Schüler gut vorzubereiten auf den Besuch dieser Stätten und sie vor allem auch emotional zu berühren. Dann gelingt es vielleicht, die Taten unserer Vorfahren zu beleuchten, Empathie für die Opfer zu entwickeln und dafür zu sorgen, dass möglichst viele junge Menschen sich in Deutschland und Europa dafür einsetzen, dass sich diese Schrecken nie wiederholen. Diese Reise hat mich ebenfalls sehr berührt, besonders auch als Mutter.