Untertitel: „Die Kriegskinder brechen ihr Schweigen“. Ich lese dieses Buch nach einigen Jahren zum zweiten Mal und bin nun, mit dem neu geschärften ´Traumablick` draufschauend, wieder fasziniert davon, was Sabine Bode schon vor mehr als zwanzig Jahren angestoßen hat. Sie fragt nach den Folgen des Leids der deutschen Kriegskinder der Jahrgänge 1930 bis 1945, die extreme Situationen wie Bombenhagel, Luftschutzkeller und Hunger, Flucht und Tod erlebt haben. Diese Fragen stoßen oft auf Unverständnis und Unmut, denn sie trennt die Kriegsfolgen von den Kriegserinnerungen. Dass Kriegskinder aus dem Nazi-Täter-Land zu Opfern stilisiert würden, so lautet der Vorwurf vieler Befragter. Und viele antworten zunächst so etwas wie: „Es hat uns nicht geschadet“ oder „Wir haben in dieser Zeit auch viel Schönes erlebt“. Frau Bode schreibt anrührend und informativ zugleich. Sie geht sowohl auf die unsäglichen Erziehungsratgeber der Johanna Haarer (z.B. „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“) ein, die noch weit in die 70er Jahre dafür gesorgt haben, dass die Bindungsfähigkeit sehr vieler Deutscher empfindlich gestört wurde als auch auf die Gehirnforschung, die zeigt, welche Spuren Traumata im Gehirn hinterlassen. Dazu flicht sie Lebensgeschichten und Interviews ein, die sehr berühren.
Ich werde beim Lesen sehr häufig an die geflüchteten Menschen erinnert, die ich im Rahmen meiner Arbeit in der Flüchtlingshilfe Münster SüdOst kennenlerne. Sie haben jetzt oft noch immer keinen sicheren Ort und die entsetzlichen Erfahrungen, die sie in Syrien oder in anderen Krisengebieten und auf der Flucht gemacht haben, können auch lebenseinschränkende Folgen haben. Und wenn sie dann hier auch noch Anfeindungen und Ausgrenzung erleben, kommen weitere traumatisierende Erfahrungen dazu….